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THESEN ZUM VERHÄLTNIS VON PSYCHOANALYSE UND PÄDAGOGIK

Anlässlich der mündlichen Diplomprüfung von Tatjana Lausch im Fach Sozialpädagogik am 25. Mai 2000 bei Frau Eckensberger

- Die Sozialpädagogik ist an sich keine Grundlagenwissenschaft, sondern eine Anwendungswissenschaft. Sie wendet Methoden und Erkenntnisse einschlägiger Wissenschaften (Psychologie, Soziologie) auf die Fragen ihres speziellen Arbeitsfeldes an.

- Die Psychoanalyse kann zunächst einmal durch ihre Kenntnisse von der kindlichen Entwicklung (ihren stufenweisen Fortgang von zu bewältigenden Triebkonflikten) den Sozialpädagogen Einblicke vermitteln und das Verständnis für die Kinder verbessern.

- Andererseits versteht sich die psychoanalytische Therapie als "Nacherziehung" von misslungener Erziehung: z.B. die Behandlung von Neurosen, die aufgrund zu strenger und verständnisloser Erziehung zustande gekommen sind (Anna Freud).

- Aber auch der Gedanke einer verständnisvollen Erziehung als Neurosenprophylaxe musste der späteren psychoanalytischen Erkenntnis weichen, dass allein schon in der menschlichen Triebentwicklung und Ausdifferenzierung des seelischen Apparates eine Neigung zur Neurosenbildung angelegt ist (Anna Freud).

- Darüber hinaus wurde für die psychoanalytische Kindertherapie deutlich, dass das Umfeld des Kindes, im Gegensatz zur Behandlung von Erwachsenen, nicht außer acht gelassen werden darf. Das Kind ist noch von seinen konkreten Eltern abhängig und hat diese noch nicht im ausreichenden Maße verinnerlicht, um den Konflikt innerlich auszutragen (Anna Freud). Wenn im Umfeld des Kindes starke desintegrierende Elemente vorhanden sind (zum Beispiel eine psychisch erkrankte Mutter oder andere deprivierende Umstände), so werden Maßnahmen notwendig, die das Umfeld verändern (Casework), um Heilerfolge erzielen zu können (Winnicott). Das geht sogar soweit, dass die Unterstützung des Helfenden bei der Veränderung der Umwelt des Kindes die Beziehung ausmachen kann und nur eine solche die Klienten innerlich erreicht und zur Heilung führen kann.

- Die Psychoanalyse brachte auch die Erkenntnis, dass pädagogische Einwirkung erst mit Hilfe von Übertragungen des Kindes, nämlich einer seiner vorangegangenen Beziehungspraktiken auf den Pädagogen, möglich ist (Aichhorn), d.h. dass der Pädagoge eine Beziehung zum Kind herstellen muss bevor er im Rahmen dieser Beziehung seinen Einfluss geltend machen kann (wenn der Pädagoge nicht die Hilflosigkeit und Abhängigkeit des Kindes ausnutzen will, um es zum Verzicht auf seine Lustbefriedigung zu bewegen).

- Der Umgang mit Übertragungen, die zugleich die Beziehung zum Pädagogen und die Beziehung zu einem bestehenden Beziehungen (Eltern) des Kindes darstellen, gestaltet sich schwierig, zumal unausweichlich mit Gegenübertragungen des Pädagogen zu rechnen ist. Während der Analytiker die Kenntnisse aus dieser Beziehung zwar für die Behandlung einsetzt, aber sich versagt sie Wirklichkeit werden zu lassen, muss der Pädagoge diese Beziehung ständig bewusst leben, sich zurechtfinden und in ihr agieren. Damit es nicht zu einem unbewussten Ausagieren von unbewältigten Konflikten der Vergangenheit kommt, wird konsequenter Weise Supervision im Sinne einer Analyse des Helfers notwendig.

- Übertragungen (zum Beispiel in ambulanten Hilfen) haben für den Klienten auch die Funktion die Helferbeziehung, die aufgrund ihrer anfänglichen Offenheit gefährlich ist, in bekannte Verhaltensmuster (zum Beispiel den Helfer als Kontrollinstanz zu empfinden) zu bannen. Über diesen Weg können die Bemühungen des Helfers entschärft, aber auch gänzlich neutralisiert werden. Der Helfer muss daher an der Beziehung arbeiten, in dem er dieses starre, meist infantile Beziehungsverhältnis durch sein lebendiges Verhalten in ein flexibles Verhältnis erweitert, das Ambivalenzen tragen kann. Hier ist die Supervision im Sinne einer Analyse der Familie notwendig.

- Sozialpädagogisches Arbeiten ist, sich als neues verlässliches Objekt anzubieten, an dem der oder die Klienten ihre verwirrend und beängstigenden (regressiven) Gefühle von Abhängigkeit, Ohnmacht und Wut nicht bekämpft werden, sondern durchlebt und im Sinne einer Nachreifung überwunden werden können (Winnicott).

 
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